Der Maler erklärt sich

Kunstmuseen, glaube ich, sind das Beeindruckteste, was es auf der Erde gibt.
Oft wanderte ich ehrfürchtig, ja fast benommen durch viele ihrer Bildersäle, es ist etwas Geheimnisvolles in den Bildern, das mich bewegt und aufwühlt.
Ich war besessen vom Schauen. Es gibt Bilder, die strahlen etwas aus, das mich persönlich trifft. Es ist die Faszination der Schönheit, die sehr unterschiedlich sein kann. Darin sehe ich das eigene Gefühl umgesetzt.

Ich habe von Geburt an ein Bedürfnis nach Ruhe und Harmonie, denn ein Bild kann die Banalität des Alltags durch Momente des Schönen ersetzen. Meine früheste Zuneigung galt den Büchern.
Heißhungrig und wissbegierig las ich, um Wissen und Leben zu erfahren. Heute bin ich umgeben von hunderten Büchern.
Ich kaufe immer noch welche dazu. Es geht nicht nur darum alles zu lesen sondern es geht auch eine große Kraft von ihnen aus. Ich liebe Bücher, ich liebe Zeitungen und ich liebe das bedruckte Papier.

Malerei war für mich eine Unbekannte, ich verstand davon nichts, doch ich ahnte dass ich mich damit in einer neuen Welt befand.
Ich las über Kunstgeschichte, studierte die Bilder in den Museen und begann selbst zu malen, ohne mich jemals einer systematischen Ausbildung zu widmen.
Künstlerisch arbeitete ich als reiner Autodidakt, entwickelte meinen eigenen Stil und Technik, im Kontakt zu anderen Künstlern, wobei in meiner Anfangsphase den Werken von Georgio de Chirico und von Max Ernst eine besondere Bedeutung zukam.
Ich erfinde und male gerne Bilder, in denen  auch der „goldene Schnitt“ zur Harmoniegestaltung beiträgt.

Bilder sind für mich berührbare Körper, sichtbare Gedanken und verkörperte Sinnlichkeit.
Ich erdenk‘ und lüge, heißt es, alles, was ich male. Nein, ich leiste es mit der Phantasie allein, denn Malerei muss immer eine Domäne reiner Erfindung sein, die Welt in Form und Vorstellung der Künstler geschaffen werden.
Die Malerei gehört zu dem großen Regenbogen, der unser Erdenleben umgibt, zu dem großen Lichthorizont der Kunst, von welchem wir nie genau wissen, ob er mehr zu unserem Intellekt oder unserer Seele reden will.

Ich male, weil ich neugierig bin, und nicht, weil ich etwas machen will. Das ist eine höhere Instanz des Automatismus, die einem dazu zwingt. Dabei ist das Erstaunen über das, was zustande kommt, ebenso groß wie zu Beginn dieser Neugier am künstlerischen Schaffen.
Malen ist ein lebenslanger Lernprozess, jedes Bild ist eine neue Herausforderung zwischen Geist und Materie. Malen heißt für mich, mein Denken zum Leben zu bringen und ist für mich eine notwendige Seelennahrung.

Ich denke also in Bildern. Ich male, also bin ich, aber ich habe mich nicht. Darum werde ich erst.
Malen?  Existieren ist malen genug!

Elmar Willié, im Februar 2018

1 Kommentar

  1. M-Jo

    Sehr schöner Text! :)

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