Künstler als Beruf

In der Regel behauptet man, erlernen „normale“ Menschen bürgerliche Berufe und werden keine Künstler. Sie werden Handwerker, Kaufleute, Ärzte oder Lehrer.
Mit diesen Berufen ist man in der Lage, Familien zu gründen, ein Auto oder Immobilien zu erwerben und ein normales Leben mit allen Höhen und Tiefen zu führen. Und das ist gar nicht so schlecht.

Aber man muss schon ein bisschen verrückt sein, um Künstler zu werden. Es ist absolut unsicher, ob man damit irgendwann seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Nicht nur die Künstler, ob Maler oder Designer, sind etwas verrückt, auch ist der Kunstmarkt ganz und gar neben der Spur.
Es gibt mehr Künstler, als der Kunstbetrieb gebrauchen kann, und das wissen die Studenten. Aber der Freiraum Akademie ist dennoch verlockend.

Wie kommt es, dass sich junge Menschen auf solch unsicheres Terrain wagen und auf das Kunstmachen einlassen?
Die Antwort ist ganz einfach. Sie können und wollen nur malen, musizieren, designen oder fotografieren und sind zunächst nicht gewillt, oft auch nicht geeignet, bürgerliche Berufe zu ergreifen. Sie erliegen ganz einfach der Faszination Kunst. Die Kunsthochschulen in unserem Lande verzeichnen einen enormen Zulauf. Mehr weibliche als männliche Studenten orientieren sich heute am gewandelten Künstlerbegriff.

Die Kandidaten sind heute auch älter. Beinahe schon eine Ausnahme ist, wer gleich nach dem Abitur oder einem Berufspraktikum seine Bewerbungsmappe einreicht. Viele hingegen probieren es erst mit 25 oder später, nachdem sie schon allerlei hinter sich haben. Nicht wenige geben sogar einen Beruf auf, um sich ihren Künstlertraum zu erfüllen und sehen im Kunststudium auch eine Chance zur Selbstreflektion. Die Akademie erscheint ihnen als Ort guten, ja besten Lebens und setzen Kreativsein gleichbedeutend mit Glücklichsein. Und noch mit viel Flausen im Kopf beginnen sie das Abenteuer Kunststudium. Was aber ein Studierender der Kunst auch lernen muss, ist tatsächliches Wissen von der Welt, und das, was er erwerben muss, ist Ich-Gewissheit im Handeln. Beides zusammen befähigt, jenes Werk zu schaffen, das alles menschliche Vermögen in eines zusammenreißt, das Werk der Kunst.

Aber nicht jeder trägt den Wunsch in sich, nach dem Studium den Künstlerberuf anzuvisieren. Sie nutzen das Studium als solches, in dem man experimentieren und über sich selbst meditieren kann, zum Zweck einer Beschäftigung mit dem eigenen Leben. So werden die Hochschulen oft Startplätze zur Esoterik. Nach erfolgreichem Studienabschluss hören auch erstaunlich viele damit auf, künstlerisch zu arbeiten. Dies aber nicht, weil sie frustriert von der Kunstszene sind, sondern einfach keine Muse mehr verspüren, ihr begonnenes Werk fortzusetzen.

Die Absolventen aber, die weiterhin die künstlerische Berufung in sich spüren und die freie Künstlerexistenz als Lebensaufgabe wählen, setzen sich Lebensziele, um erfolgreich in die Zukunft zu starten. Zu dieser Lebensverwirklichung gehört die Erlangung der finanziellen Unabhängigkeit, weiterhin  Freude an der kreativ- künstlerischen Arbeit, Fleiß, eiserne Selbstdisziplin und handwerklich-technische Begabung. Unabdinglich ist auch ein  gutes Organisationstalent, verbunden mit einem Sinn für Geschäft und Werbung, bzw. Selbstvermarktung. Eine Mitgliedschaft in Künstlerverbänden und Gremien ist hierfür sicherlich von Vorteil.

Wichtig und immer wieder am wichtigsten ist die rücksichtslose Erkenntnis und Kritik des eigenen Ichs. Tränen, Verzweiflung und die Qual der Arbeit sollen nicht scheuen. Denn trotz allem gibt es ja doch keine tiefere Befriedigung, als wenn uns einmal etwas Gutes gelungen ist und darum lohnt es sich wohl, für die Kunst etwas zu schwitzen…

 

Quellenangabe:

Artikel aus “Die Zeit” vom 24 Oktober 2002 “Glückliche Selbstfindung” von Wolfgang Ullrich

Buchausgabe “Künstlerisches Handeln” von Karl Otto Jung

Eigene Gedankenarbeit Elmar Willié

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